Wednesday 27 May 2015

Linien. RaumZeitliche Perspektiven: 8. Workshop der Erfurter RaumZeit-Gruppe in Kooperation mit dem Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt




Datum: Donnerstag/Freitag, 18./19.Juni 2015
Ort:      Seminarraum des Forschungszentrums Gotha der Universität Erfurt, Schloss Friedenstein/Pagenhaus, 99867 Gotha
Veranstalter:
Jutta Vinzent, University of Birmingham / Max-Weber Kolleg Erfurt
Sebastian Dorsch, Universität Erfurt
Deadline: 13. Juni

Im Mittelpunkt des 8. Workshops der Erfurter RaumZeit-Gruppe (ERZ), zum zweiten Mal in Kooperation mit dem Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt (MWK) sowie mit dem Forschungszentrum Gotha (FZG) und der „Laborgruppe Kulturtechniken“ (Erfurt/Weimar), stehen raum-zeitliche Perspektiven von Linien. Linien werden hier als Ausdrucksformen verstanden, die Einsichten in kulturtheoretische Phänomene ermöglichen und so über ihren bloßen Formgehalt hinausgehen. Damit will der Workshop die von Timothy Ingold eingeführte „anthropologische Archäologie der Linie“ weiterführen, indem er die multidisziplinäre Untersuchung von Linien auf deren raum-zeitliche Dimensionen ausrichtet.
Linien, Linearitäten, das Lineare, aber auch deren Negation, das Nicht-Lineare sind als Alltagserfahrung und im Sprachgebrauch präsent; sie spiegeln und prägen auf vielschichtige Weise die raum-zeitliche Welt-Bild-Produktion. So ist es nicht verwunderlich, dass eine Reihe von Disziplinen mit und über Linien und angrenzende Phänomene arbeiten, von der Mathematik, Geographie und Informatik über die Künste und Philosophie bis hin zu zahlreichen Sozial- und Kulturwissenschaften. Linien wird oftmals ein räumlich und zeitlich ordnender Charakter zugeschrieben. Als Trenn- oder Grenzlinien haben sie vor allem im Poststrukturalismus Karriere gemacht und sind als differance in die Philosophiegeschichte eingegangen. Auch Netzwerkmodelle bestehen aus Linien, die sich in Knotenpunkten treffen, überschneiden und weiterbilden. Und wie steht es mit dem Verhältnis von Linien zu Punkten: Sind sie „nur“ eine Zusammensetzung von Punkten oder etwas essentiell anderes? Der britische Anthropologe Ingold sieht Linien als „point-to-point connector“ und in ihrer Geradlinigkeit die zentrale Ausdrucksform des Dynamischen und Progressiven der sog. Moderne, „only to be ruptured and fragmented by the dislocations of postmodernity“. In der „Time-Line“ (bspw. Rosenberg/Grafton, 2010) verbindet die Kartographie räumliche und zeitliche Perspektiven. Linien können aufzeichnen und etwas darstellen, was mehr als Linie ist, wie etwa die von Werner Haftmann kürzlich vorgestellte Schlangenlinie, der aufbauende und zerstörerische Kräfte zugeschrieben werden (posthum, 2014); fundamentaler passiert das bei jeder Zeichnung, aber auch bei Schriftzeichen, wo die Linie sogar hinter der Symbolhaftigkeit des Dargestellten zu verschwinden scheint (Butler/de Zegher, 2011). Linien haben aber auch „verleiblichte“ Dimensionen, wie es etwa Richard Long in seiner Land Art anstrebt (z.B. A Line Made by Walking, 1967). Deleuze und Foucault fordern über die Diskussion des gerissenen Fadens das Lineare grundsätzlich heraus (Deleuze/Foucault, 1977; für die Kunstgeschichte: Wulffen bzw. Stingelin, 2001).
Mit multidisziplinären Perspektiven auf Linien, das Lineare und Nicht-Lineare lassen sich somit vielschichtig raum-zeitliche und ästhetische Dimensionen menschliches Handelns reflektieren (insofern ist der Workshop eine Fortführung und Konkretisierung der ersten gemeinsamen Veranstaltung im Sommersemester 2014). Der Workshop versucht nachzuspüren, ob und wie die Betrachtung von „Linien“ in verschiedenen Disziplinen kulturelle Phänomene erklären kann. Konkretisierend geht es uns dabei vor allem um raum-zeitliche Blickwinkel verschiedener Linientypen wie auch -merkmale, um dann auf kulturelle Bedeutung(szuweisung)en schließen zu können.

Donnerstag, 18.06.2015
13.00 – 13.15          Begrüßung & Einleitung: Susanne Rau (Erfurt)
13.15 – 14.00          Sektion 1: Gemeinsame Diskussion von Grundlagentexten
Einführungen in die Texte: Jutta Vinzent (Birmingham / MWK Erfurt) & Sebastian Dorsch (Erfurt)
14.00 – 15.30          Sektion 2: Karten-Linien, Krümmungen und Falten
                              Moderation und Kommentar: Jörg Dünne (Erfurt)
Iris Schröder (Gotha/Erfurt): Karten-Linien und die experimentellen Geometrien des Raumes in der thematischen Kartographie des 19. Jahrhunderts
Angelika Seppi (Berlin): From curvature to fold – Lines of becoming between Leibniz and Deleuze
15.30 – 16.00          Kaffeepause
16.00 – 18.00          Sektion 3: Punkte und Schwellen
Moderation und Kommentar: Sabine Schmolinsky (Erfurt)
Till Boettger (Weimar): Schwellenräume – Linien für Wahrnehmung und Vorstellung
Elisa Rieger (Graz): Marking Uncertainty – Von Punkten, Schmetterlingswahrnehmung und buddhistischer Erleuchtung
Maren Sauermann (Darmstadt): Leben auf der Schwelle – Strategien und Praktiken der Normalisierung des Nicht-Linearen
Möglichkeit zum (gemeinsamen) Abendessen

Freitag, 19.06.2015
9.00 – 10.30            Sektion 4: Linien in Literatur und Kunst des 19. Jahrhunderts
                              Moderation und Kommentar: Karin Kröger (Erfurt)
Barbara von Orelli (Zürich): E = mc2: Auch eine physikalische Gleichung bei Henry van de Velde?
Jadwiga Kamola (Heidelberg): Das Monster oder die „perplexe“ Linie
10.30 – 11.00          Kaffeepause
11.00 – 12.30          Sektion 5: Linien in der Land Art und Skulptur des 20. Jahrhunderts
                              Moderation und Kommentar: Christian Holtorf (Coburg)
Samantha Schramm (Konstanz): Linien Sehen – Linien Denken: Ortsmarkierungen in der Land Art
Edward A. Vazquez (Middlebury): Linear Reversals: Spatial
Possibilities and Present Absences in Fred Sandback's Sculpture
ab 12.30                 Abschlussdiskussion
Kommentar und Moderation: Katharina Rieger (MWK Erfurt)
Möglichkeit zum (gemeinsamen) Mittagessen

Im Anschluss: Gelegenheit zum Besuch der Ausstellung Konkret in Thüringen, FORUM KONKRETE KUNST in Erfurt (8.5.-28.6.2015, Mi-So, 10-18 Uhr)
Wir danken dem Forschungszentrum Gotha, dem Max-Weber Kolleg Erfurt sowie der Laborgruppe Kulturtechniken (Weimar/Erfurt) / Jörg Dünne herzlich für Ihre Unterstützung.

Anmeldung bis zum 13. Juni erbeten unter:
Sebastian Dorsch: sebastian.dorsch at uni-erfurt.de bzw. Jutta Vinzent: juttavinzent at gmail.com 

Als Grundlage diskutieren wir Texte von Tim Ingold, Thomas Wulffen und Martin Stingelin. Die Zugangsdaten zu den Texten erhalten Sie nach Anmeldung.


Homepage: https://www.uni-erfurt.de/philosophische-fakultaet/raumzeit-forschung/