Ort: Seminarraum
des Forschungszentrums Gotha der Universität Erfurt, Schloss
Friedenstein/Pagenhaus, 99867 Gotha
Veranstalter:
Jutta Vinzent, University of Birmingham / Max-Weber Kolleg Erfurt
Sebastian Dorsch, Universität Erfurt
Jutta Vinzent, University of Birmingham / Max-Weber Kolleg Erfurt
Sebastian Dorsch, Universität Erfurt
Deadline:
13. Juni
Im Mittelpunkt des 8. Workshops der
Erfurter RaumZeit-Gruppe (ERZ), zum zweiten Mal in Kooperation mit dem
Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt (MWK) sowie mit dem Forschungszentrum
Gotha (FZG) und der „Laborgruppe Kulturtechniken“ (Erfurt/Weimar), stehen raum-zeitliche
Perspektiven von Linien. Linien werden hier als Ausdrucksformen verstanden, die
Einsichten in kulturtheoretische Phänomene ermöglichen und so über ihren bloßen
Formgehalt hinausgehen. Damit will der Workshop die von Timothy Ingold
eingeführte „anthropologische Archäologie der Linie“ weiterführen, indem er die
multidisziplinäre Untersuchung von Linien auf deren raum-zeitliche Dimensionen
ausrichtet.
Linien, Linearitäten, das Lineare, aber
auch deren Negation, das Nicht-Lineare sind als Alltagserfahrung und im
Sprachgebrauch präsent; sie spiegeln und prägen auf vielschichtige Weise die
raum-zeitliche Welt-Bild-Produktion. So ist es nicht verwunderlich, dass eine
Reihe von Disziplinen mit und über Linien und angrenzende Phänomene arbeiten,
von der Mathematik, Geographie und Informatik über die Künste und Philosophie
bis hin zu zahlreichen Sozial- und Kulturwissenschaften. Linien wird oftmals
ein räumlich und zeitlich ordnender Charakter zugeschrieben. Als Trenn- oder
Grenzlinien haben sie vor allem im Poststrukturalismus Karriere gemacht und
sind als differance in die
Philosophiegeschichte eingegangen. Auch Netzwerkmodelle bestehen aus Linien,
die sich in Knotenpunkten treffen, überschneiden und weiterbilden. Und wie
steht es mit dem Verhältnis von Linien zu Punkten: Sind sie „nur“ eine
Zusammensetzung von Punkten oder etwas essentiell anderes? Der britische
Anthropologe Ingold sieht Linien als „point-to-point connector“ und in ihrer
Geradlinigkeit die zentrale Ausdrucksform des Dynamischen und Progressiven der
sog. Moderne, „only to be ruptured and fragmented by the dislocations of
postmodernity“. In
der „Time-Line“ (bspw. Rosenberg/Grafton, 2010) verbindet die Kartographie
räumliche und zeitliche Perspektiven. Linien können aufzeichnen und etwas
darstellen, was mehr als Linie ist, wie etwa die von Werner Haftmann kürzlich
vorgestellte Schlangenlinie, der aufbauende und zerstörerische Kräfte
zugeschrieben werden (posthum, 2014); fundamentaler passiert das bei jeder
Zeichnung, aber auch bei Schriftzeichen, wo die Linie sogar hinter der
Symbolhaftigkeit des Dargestellten zu verschwinden scheint (Butler/de Zegher, 2011). Linien haben aber auch
„verleiblichte“ Dimensionen, wie es etwa Richard Long in seiner Land Art anstrebt (z.B. A Line Made by Walking, 1967). Deleuze und Foucault fordern
über die Diskussion des gerissenen Fadens das Lineare grundsätzlich heraus
(Deleuze/Foucault, 1977; für die Kunstgeschichte: Wulffen bzw. Stingelin,
2001).
Mit multidisziplinären Perspektiven auf
Linien, das Lineare und Nicht-Lineare lassen
sich somit vielschichtig raum-zeitliche und ästhetische Dimensionen
menschliches Handelns reflektieren (insofern ist der Workshop eine Fortführung
und Konkretisierung der ersten gemeinsamen Veranstaltung im Sommersemester
2014). Der Workshop versucht nachzuspüren, ob und wie die Betrachtung von
„Linien“ in verschiedenen Disziplinen kulturelle Phänomene erklären kann.
Konkretisierend geht es uns dabei vor allem um raum-zeitliche Blickwinkel
verschiedener Linientypen wie auch -merkmale, um dann auf kulturelle
Bedeutung(szuweisung)en schließen zu können.
Donnerstag,
18.06.2015
13.00 – 13.15 Begrüßung & Einleitung: Susanne Rau
(Erfurt)
13.15
– 14.00 Sektion 1: Gemeinsame
Diskussion von Grundlagentexten
Einführungen
in die Texte: Jutta Vinzent (Birmingham / MWK Erfurt) & Sebastian Dorsch
(Erfurt)
14.00 – 15.30 Sektion
2: Karten-Linien, Krümmungen und Falten
Moderation
und Kommentar: Jörg Dünne (Erfurt)
Iris Schröder (Gotha/Erfurt): Karten-Linien und die
experimentellen Geometrien des Raumes in der thematischen Kartographie des 19. Jahrhunderts
Angelika Seppi (Berlin): From curvature to fold – Lines of becoming between Leibniz and Deleuze
15.30
– 16.00 Kaffeepause
16.00 – 18.00 Sektion
3: Punkte und Schwellen
Moderation
und Kommentar: Sabine Schmolinsky (Erfurt)
Till
Boettger (Weimar): Schwellenräume – Linien für Wahrnehmung und Vorstellung
Elisa
Rieger (Graz): Marking Uncertainty –
Von Punkten, Schmetterlingswahrnehmung und buddhistischer Erleuchtung
Maren
Sauermann (Darmstadt): Leben auf der
Schwelle – Strategien und Praktiken der Normalisierung des Nicht-Linearen
Möglichkeit zum (gemeinsamen) Abendessen
Freitag,
19.06.2015
9.00 – 10.30 Sektion
4: Linien in Literatur und Kunst des 19. Jahrhunderts
Moderation
und Kommentar: Karin Kröger (Erfurt)
Barbara
von Orelli (Zürich): E = mc2:
Auch eine physikalische Gleichung bei Henry van de Velde?
Jadwiga
Kamola (Heidelberg): Das Monster oder
die „perplexe“ Linie
10.30 – 11.00 Kaffeepause
11.00 – 12.30 Sektion
5: Linien in der Land Art und Skulptur des 20. Jahrhunderts
Moderation
und Kommentar: Christian Holtorf (Coburg)
Samantha
Schramm (Konstanz): Linien Sehen –
Linien Denken: Ortsmarkierungen in der Land Art
Edward A. Vazquez (Middlebury): Linear Reversals: Spatial
Possibilities and Present Absences in Fred Sandback's Sculpture
Possibilities and Present Absences in Fred Sandback's Sculpture
ab 12.30 Abschlussdiskussion
Kommentar
und Moderation: Katharina Rieger (MWK Erfurt)
Möglichkeit zum (gemeinsamen)
Mittagessen
Im Anschluss: Gelegenheit
zum Besuch der Ausstellung Konkret in
Thüringen, FORUM KONKRETE KUNST in Erfurt (8.5.-28.6.2015, Mi-So, 10-18 Uhr)
Wir danken dem Forschungszentrum Gotha, dem Max-Weber
Kolleg Erfurt sowie der Laborgruppe Kulturtechniken (Weimar/Erfurt) / Jörg
Dünne herzlich für Ihre Unterstützung.
Anmeldung bis zum
13. Juni erbeten unter:
Sebastian Dorsch: sebastian.dorsch at uni-erfurt.de bzw. Jutta
Vinzent: juttavinzent at gmail.com
Als
Grundlage diskutieren wir Texte von Tim Ingold, Thomas Wulffen und Martin
Stingelin. Die Zugangsdaten zu den Texten erhalten Sie nach Anmeldung.
Homepage:
https://www.uni-erfurt.de/philosophische-fakultaet/raumzeit-forschung/
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